Der Goldschatz von Vălčitrăn: Herstellungstechnik und Werkzeugspurenanalyse

Einleitung

Im Rahmen dieser Kooperation werden zusammen mit Petia Penkova und Dr. Hristo Popov, NAIM-BAS goldschmiedetechnische Analysen am Hortfund von Vălčitrăn durchgeführt. Diese Forschungen sind in ein laufendes FWF – Projekt (Pr. Nr. Projekt P 23619, siehe Detailinfo im Infokasten) zum spätbronzezeitlichen Bergbau auf dem Ada Tepe, BG eingebettet. Der Goldschatz repräsentiert eines der größten Ensembles an Goldgegenständen aus der Bronzezeit Europas, im heutigen  Zustand umfasst er 13 Objekte mit einem Gesamtgewicht von ca. 12,4 kg. Seine archäologische Deutung und Einordnung sind ein bis dato vieldiskutiertes Thema. Technologische Untersuchungen können in diesem Zusammenhang einen wertvollen Beitrag zur Klärung kulturhistorischer Fragestellungen leisten. Ziel solcher Untersuchungen ist die Beschreibung einer vollständigen Objektbiografie, vom Ausgangsmaterial über die Verarbeitung zum Fertigprodukt bis hin zur Verwendung und Deponierung. Diese technologischen Detailanalysen geben dabei nicht nur Aufschluss über den technischen Aufbau eines Objektes, sondern auch über dessen spezifische Werkstoffqualitäten. Weiters können die auf unterschiedlichen Gegenständen dokumentierten Spuren dann miteinander verglichen und in Beziehung gesetzt werden. Basierend auf diesen technotypologischen Kriterien können beispielsweise einzelne Werkstattkreise, Produktionszentren und Technologietransfer zwischen verschiedenen Regionen herausgearbeitet werden.

Kantharos, Detail der Befestigung eines Henkels, NAIM-BAS, Sofia. (Photo: M. Mehofer, nach Penkova/Mehofer 2016)

Ergebnisse

Die noch laufenden Untersuchungen lassen bereits einige Schlussfolgerungen zu. So konnten bereits verschiedene Arbeitstechniken an den einzelnen Gegenständen des Schatzfundes beobachtet werden: Gießen, Treiben, Ziselieren, Löten und Tauschieren. Basierend auf den Untersuchungsergebnissen, lassen sich drei technologische Gruppen beschreiben, die sich durch unterschiedliche Techniken charakterisieren lassen. Die erste wird durch den Kantharos, das einhenkelige Gefäß sowie durch die Untergruppe der drei kleinen Henkeltassen gebildet. Die zweite Gruppe bilden die Knaufscheiben, deren gemeinsames technologisches Merkmal die bronzene Innenkonstruktion ist. Das Drillingsgefäß, das als einziges Lötungen aufweist, bildet die dritte „Gruppe“. Alle Objekte zeigen Spuren des Treibens und Ziselierens, was darauf hindeutet, dass sie demselben Technologiekreis angehören. Eine Betrachtung des jeweiligen dekorativen Konzepts zeigt uns dennoch einige Unterschiede: Neben den ausschließlich aus einer Goldlegierung gefertigten Objekten gibt es Gegenstände, bei denen zwei Metalle miteinander kombiniert wurden, um deren unterschiedliche Farbwirkungen zu nutzen. Im Falle der Knaufscheiben sind es flächig eingelegte Silberstreifen, die in die Goldlegierung eingearbeitet wurden; beim Drillingsgefäß hingegen ist es die aus Elektrum gegossene Handhabe.

Zusammenfassend kann zum derzeitigen Forschungsstand festgestellt werden, dass bei der Herstellung dieser außergewöhnlichen Objekte eine definierte Anzahl an Techniken zum Einsatz kam. Die Techniken des Edelmetallgusses, des Bronzegusses und Tauschierungen zeigen, dass es sich bei den Herstellern um sehr erfahrene Handwerker handelte. Sie beherrschten es nicht nur, große Mengen an Gold aufzuschmelzen, sondern auch daraus große Objekte mit relativ dünner Wandstärke von wenigen Millimetern zu gießen. Die Tatsache, dass sich an den gegossenen Objekten keine Gusslunker, Gasblasen oder andere Materialfehler beobachten lassen, zeugt von der hohen Kunstfertigkeit der Metallgießer. Sie konnten wahrscheinlich auf empirisch erworbenes metallurgisches Wissen über Bunt- und Edelmetallguss zurückgreifen, dass über lange Zeiträume angeeignet worden war.

Kantharos, Detail eines Henkels zeigt unregelmäßige Verzierungen, NIAM-BAS, Sofia. (Photo: M. Mehofer, nach Penkova/Mehofer 2016)

Knaufscheibe, Detailaufnahme der Silbertauschierung, NAIM-BAS, Sofia. (Photo: M. Mehofer, nach Penkova/Mehofer 2016)