Archäobotanik

Gerste (Hordeum vulgare), bespelzt, aus der römerzeitlichen Latrine Petronell - Schloss Traun (Foto: A.G. Heiss)

a.o. Prof. Dr. Ursula Thanheiser

 

 

Pflanzen sind wichtige Rohstoffe für uns Menschen. Sie sind nicht nur ein Teil unserer Nahrung oder Viehfutter, sondern werden auch zur Herstellung von Kleidung, Geräten, Behausungen und Möbeln benötigt. Diese alltägliche Verwendung von Pflanzen hinterlässt unweigerlich Spuren in Form von Artefakten, Speichergut oder Abfällen. Darum kommen überall dort, wo Menschen gelebt haben, Pflanzenreste vor. Natürlich wären diese Pflanzenreste im Laufe der Zeit verrottet, würde nicht ein Teil von ihnen zufällig konserviert werden, wobei v. a. Verkohlen, Vertrocknen und feuchte Lagerung unter Luftabschluss von Bedeutung sind. Durch diese Prozesse wird der mikrobielle Abbau unterbunden und die Pflanzenreste können noch nach Jahrtausenden gefunden werden. Selten jedoch liegen Pflanzenreste in reiner Form vor. Meist sind sie mit dem umgebenden Erdreich vermischt, können auf Grund ihrer Kleinheit bei archäologischen Grabungen gar nicht gesehen werden und müssen deshalb aus der Matrix extrahiert werden.

 

 

Flotation von Pflanzenresten mit Rückgewinnung des Wassers am Monte Iato, Sizilien (Foto: B. Öhlinger)

Anlagen zur elektrostatischen Extraktion von Pflanzenresten in Dakhla, Ägypten (Foto: J. Walter)

Die Extraktionsmethoden richten sich nach der Erhaltungsform des Materials. So werden feucht konservierte Pflanzenreste, wie sie etwa in Brunnenverfüllungen, Kloaken oder Seeufersiedlungen vorkommen, einfach nass gesiebt. Verkohlte Pflanzenreste entstehen durch beabsichtigten oder unbeabsichtigten Kontakt mit Feuer, wenn z. B. Speisen bei der Zubereitung verbrennen, Abfälle ins Herdfeuer entsorgt oder Gebäude durch Schadfeuer vernichtet werden. Sie werden in der Regel durch Flotation vom Erdreich getrennt. In ariden Gebieten stellte uns die Extraktion verkohlter Pflanzenreste lange Zeit vor große Probleme, da einerseits die großen Wassermengen, die zur Flotation nötig wären, einfach nicht verfügbar sind und andererseits die Pflanzenreste unter der Berührung mit Wasser leiden. In Zusammenarbeit mit A. Glaser, vormals Techniker am Institut für Botanik der Universität Wien, wurde deshalb eine Anlage zur elektrostatischen Trennung der Pflanzenreste vom Erdreich entwickelt, die es erlaubt, Pflanzenreste aus großvolumigen Bodenproben auf schnelle, zuverlässige und schonende Art zu extrahieren.

 

Eine Vielzahl von Fragen können durch archäobotanische Untersuchungen beantwortet werden. So trug die Archäobotanik wesentlich zum Verständnis der Herkunft, Domestizierung und Verbreitung unserer Kulturpflanzen bei. Fragen über landwirtschaftliche Techniken vergangener Zeiten, wie z. B. Mischfruchtanbau, Fruchtwechsel, Frühjahrs- oder Herbstsaat des Getreides, Bewässerung, Düngung, Ernte- und Verarbeitungsmethoden können beantwortet werden. Weiters kann Einblick in die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln und in den Import von Gütern des gehobenen Bedarfs gewonnen werden. Die Funktion von Gebäuden lässt sich, eine geeignete Fundsituation vorausgesetzt, ebenso erhellen wie soziale Stratifizierung innerhalb einer Siedlung.