Keramikanalysen

Ass. Prof. Dr. Irmgard Hein

 

Die Analyse von Keramik nimmt innerhalb der archäologischen Forschung global breiten Raum ein. Keramik ist der älteste von Menschenhand synthetisch hergestellte Werkstoff, der durch seine Formbarkeit (Plastizität) ein großes Spektrum an Gestaltungen erreicht. Abgesehen vom überwältigenden quantitativen Anteil an Gefäßkeramik, sind kleine Objekte (Figuren, Figurinen, Amulette, Perlen, etc.), bis zu Masken oder Gebrauchsgegenständen wie Möbel, Bodenbeläge, oder Wandfliesen aus Keramik hergestellt worden[1].

Der Grundstoff für Keramik ist fast überall auffindbar: grob gesprochen ist es Erdmaterial, Ton, der je nach Ablagerung (Lagerstätte) verschiedene Zusammensetzungen und Eigenschaften aufweist. Wir unterscheiden zwei Gruppen von Ausgangsmaterialien: Sedimente und Tonschiefer.

Durch die Aufbereitungen des Grundmaterials in mehreren Werkschritten, wie Zerkleinern, Wässerung, Schlämmprozessen und Sinterung, erhält man eine feuchte, formbare Paste, die sich zur Weiterverarbeitung in wasserangereichertem Zustand eignet. Zwecks der Veränderung verschiedener anderer Eigenschaften, wie Steigerung von Wärmeleitung, Bruchfestigkeit, Speicherverhalten, oder bessere Formbarkeit, können auch noch andere organische Stoffe, z.B. Pflanzenfasern, oder Mineralien in zerkleinerter Form (sog. Magerungspartikel) beigemengt werden.   

Nach der Herstellung des Grundmaterials setzen formgebende gestalterische Prozesse ein, die von Hand oder mit verschiedenen Werkzeugen ausgeführt, unterschiedliche Spuren des technologischen Formprozesses erkennen lassen. Bei der abschließenden Oberflächengestaltung kommen weitere Techniken zum Einsatz, wie Glätten, Polieren, Farbgebung, Glasur, Ritz- oder Stempeldekor.

Dem derartig geformten Gegenstand wird schrittweise in Trocknungsvorgängen die Feuchtigkeit entzogen, wodurch die Stabilität des geformten Körpers erreicht wird. Als meist letzter Schritt erfolgt der Brand der Objekte, wobei verschiedene Brenntechniken zum Einsatz gelangen, die von Feuergrube bis zum komplizierten Brennofen reichen.

Alle Bestandteile des Materials und alle Herstellungsschritte der Verarbeitung hinterlassen Spuren in den Gegenständen, die mittels analytischer Untersuchungen erforscht werden können.

VIAS analysiert Keramik in verschieden angelegten Prozessen, um Fragen zu Herkunft und technologischen Verarbeitung der Grundmaterialien zu beantworten. Neben herkömmlicher Dünnschliffanalyse (Petrographie) [2], die Auskunft zu mineralogischen Zusammensetzungen gibt, kommen aufgrund technischer und digitaler Entwicklungen weitere analytische Verfahren in Frage, wie der Einsatz des Raster-Elektronen-Mikroskops (REM), zur Identifikation von bestimmten Merkmalen, oder XRF-Analyse, XRD, oder ICPMS, in Zusammenarbeit mit anderen Universitätsinstituten.

Gemäß dem Auftrag von VIAS die Entwicklung von archäologischen Forschungsmethoden voranzutreiben, werden derzeit andere Methoden eingesetzt, vor allem um die digitale Bildanalyse von Keramikdünnschliffen zu entwickeln. Diese Methode wird als Hilfsmittel automatisierte Herkunftsbestimmungen anhand von Referenzproben ermöglichen. Diese Analytik erfolgt im Rahmein einer internationalen Zusammenarbeit mit Kollegen aus Mexiko. Außerdem werden aktuell Untersuchungen von Keramik aus Ägypten (Tell el-Dab'a und Karnak Nord) sowie Zypern durchgeführt.

 

 

Dünnschliff einer Keramik aus Zypern

Granulometrieaufnahme

Score plot of a principal component analysis based on 22 major and trace elements

(See: Tschegg et alii, Journal of Archaeol. Science, 36, 2009, 1109, Fig. 4)


[1] Verwandt mit Keramik sind auch Fayenceherstellung, sowie die Fabrikation von glasierten Keramikobjekten, die durch Anwendung spezieller Mineralien und Erhitzungsverfahren polychrom glasierte Oberflächen erreichen.

[2] In der anfänglichen Keramikforschung bei VIAS von H. Herold wurden Petographie und REM favorisiert.