Die Suche nach der awarischen Siedlung

Das Gräberfeld von Frohsdorf mit 501 Bestattungen lässt die Existenz einer nahen Siedlung, wo die Menschen, die dieses Gräberfeld belegten, lebten, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit annehmen.

Einige awarenzeitliche Siedlungen sind beispielsweise in Ungarn bekannt, nur wenige davon ausgegraben und publiziert. In Österreich sind solche Siedlungen noch weitgehend unbekannt. Lediglich jene von Zillingtal (Bgld.) wurde teilweise ausgegraben; eine Publikation ist noch ausständig.

Mittels Luftbildprospektion und Oberflächenaufsammlungen wurde versucht, die zum Gräberfeld von Frohsdorf gehörige Siedlung in einem Umkreis von 5 km zu lokalisieren - bis jetzt erfolglos.

Durch die archäologische Prospektion konnten jedoch - gleichsam als "Nebenprodukt" - die mittelalterliche Wüstung Mitterndorf lokalisiert werden.


Die mittelalterliche Ortswüstung Mitterndorf

In den Katastralgemeindegebieten von Frohsdorf und Katzelsdorf wurden zwei Fundstellen mittelalterlicher Wüstungen lokalisiert. Sie zeigen das für Wüstungen typische Fundstellenmuster einer Straße mit daran entlang liegenden Grundstücks- bzw. Gebäudeumrissen.

Aufgrund ihrer Lage und Datierung sind diese Fundstellen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der mehrfach in Schriftquellen genannten Siedlung Mitterndorf zu identifizieren. Der überwiegende Teil der hochmittelalterlichen Funde stammt von der Fundstelle Mitterndorf I; deutlich weniger konnten hier als spätmittelalterlich datiert werden. Die Fundstelle Mitterndorf II hingegen wies nur wenige hochmittelalterlich zu datierende Keramikfragmente auf; die meisten Funde hier sind spätmittelalterliche. Somit ist die Siedlungsstelle Mitterndorf I vermutlich hochmittelalterlich zu datieren. Die räumliche Ausdehnung dieser Fundstelle ist deutlich geringer als die von Mitterndorf II. Diese Befundsituation nähert sich dem 1260/80 in einem landesfürstlichen Urbar genannten Miterendorf, das aus vier Gehöften bestanden haben soll, an. Die Fundstelle Mitterndorf II hingegen erweckt aufgrund der Zusammensetzung des Fundmaterials eher den Eindruck einer spätmittelalterlichen Siedlung.

Hinsichtlich der Lage der beiden Fundstellen im siedlungsräumlichen Kontext ist festzuhalten, daß sie sich in einer üblichen Entfernung zu den Ortskernen der heutigen Siedlungen nördlich (Katzelsdorf) und südlich (Kleinwolkersdorf und Frohsdorf) davon befinden. Die beiden Fundstellen, deren Zentren – soweit erkennbar – ca. 740 m voneinander entfernt liegen, befinden sich allerdings zu nahe zueinander.

Aufgrund der Luftbildbefunde, des Fundmaterials aus den Oberflächenaufsammlungen und der Schriftquellen ergibt sich eine Hypothese, die ohne archäologische Grabungen jedoch nicht verifizierbar bzw. falsifizierbar ist:

Bei beiden Siedlungen handelt es sich um den in den Schriftquellen genannten Ort Mitterndorf. Aufgrund der unterschiedlichen Datierung der Fundstellen könnte hier ein Fall einer Ortsverlegung vorliegen. Die jüngere Siedlung Mitterndorf II liegt geringfügig höher als Mitterndorf I. Aufgrund der nahe fließenden Leitha und der damit gegebenen Überschwemmungsgefahr hat man Mitterndorf I möglicherweise im 13. Jahrhundert auf die höhere Siedlungsstelle Mitterndorf II verlegt. Das Wüstfallen von Mitterndorf I hätte somit natürliche, umweltbedingte Gründe. Das Wüstfallen von Mitterndorf II könnte – aufgrund der zeitlichen Zuordnung der Schriftquellen sowie der Oberflächenfunde – mit den Türkenkriegen des 16. Jahrhunderts in Verbindung stehen. Allerdings ist auch im Falle von Mitterndorf II ein Wüstfallen bereits im 15. Jahrhundert aus natürlichen Gründen aufgrund der Lage in der Übergangszone zwischen überschwemmungsgefährdetem und nicht mehr überschwemmungsgefährdetem Gebiet und auf gering- bis mittelwertigem Ackerland denkbar.

Umzeichnung der luftbildarchäologischen Befunde auf Basis des Katasterplanes